Portrait & Natur

Vita
Maria Dimitriou
„Das menschliche Gesicht ist eine wunderschöne Landschaft, die ich mit dem Pinsel für mein Leben gern durchwandere. Ich entdecke dunkle Täler, tiefe Schluchten, sanfte Ebenen markante Hänge, unendliche Weiten, umtoste Brandungen, stille Gewässer. Ich sehe geheimnisvolle und unergründliche Landschaften.“
1964 geboren in Griechenland
1969 Einreise nach Deutschland
1980 erste Erfahrungen in der Ölmalerei
1981 Teilnahme am Europäischen Jugend-Malwettbewerb, Preis
1982 Teilnahme am Europäischen Jugend-Malwettberwerb, Sonderpreis
1984-1993 Studium der Klassischen Archäologie und Kunstgeschichte Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
1993 Abschluss Magister Artium
1994 Beginn der freien künstlerischen Tätigkeit
ab 2001 zahlreiche Ausstellungen in Galerien und Firmen (In- und Ausland)
„Das Porträt gilt in der Malerei als die Krone der künstlerischen Schöpfung. Es verlangt vom Künstler ein Höchstmaß an virtuoser Gestaltungsbegabung und Umsetzungskraft. Ein Körperporträt stellt für mich immer wieder aufs Neue eine große Herausforderung dar, der ich mich auch gerne stelle. Ich wähle bewusst den Begriff Körperporträt. Weil ich mich bei der der Darstellung einer Person nicht nur auf den Kopf beschränken will, denn ein starker Ausdruck wird auch durch körperliche Gesten unterstützt.
Bei meinem künstlerischen Wirken will ich mich aber generell nicht festlegen auf ein Thema. So umfasst mein Repertoire an Bildthemen und Techniken über das Porträt hinaus auch Genre-Themen wie Barszenen, Straßenszenen, Menschengruppen, Stillleben und Landschaften. Es hat sich über die Jahre aber doch herauskristallisiert, dass die narzisstische Selbstdarstellung einen nicht geringen Teil einnimmt.
Die aktuelle Ausstellung in der Praxis Dauster mit insgesamt 9 Werken ist eine Zusammenstellung älterer sowie neuerer Werke, die das Porträt in Verbindung und im Übergang zur Landschaft zum Thema haben.

Kunstwissenschaftliche Besprechung zur Ausstellung von -Franka-Patricia Moritz, M.A.-

Wird unsere groß-artige Kulturlandschaft gerade zum Stillstand gezwungen? Nein, nicht vollkommen! Im Kleinen fängt alles an und wird weitergegeben!

Der Stillstand des gesellschaftlichen Lebens sorgt bei den kulturellen Einrichtungen und insbesondere bei Freischaffenden in Kultur und Medien für massive Einschränkungen bis hin zum zumeist vollständigen Einnahmeausfall. Für viele Soloselbständige, Kleinunternehmerinnen und -unternehmer oder Honorarkräfte ist dies eine dramatische, existenzbedrohende Situation. Denn oft haben sie keinerlei Rücklagen, müssen aber dennoch laufende Kosten weiter aufbringen, um nach der Krise weiter beruflich handlungsfähig zu sein. Sie müssen ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien sichern. So kommt zur gesundheitlichen Besorgnis eine akute Existenzangst. Ich habe in den vergangenen Wochen sehr, sehr viele Hilferufe aus der Branche bekommen. Jeder einzelne ist mir einmal mehr Ansporn, daran mitzuwirken, die Not abzufedern.

Hier nenne ich ein hervorragendes Beispiel von Courage und Liebe zur Kultur.

Kulturelle Institutionen vom Museum, Galerien über den Musikclub, das Konzerthaus und Theater bis zur Oper oder Kino – fast das gesamte kulturelle Leben ist zum Erliegen gekommen. Die aktuelle Situation macht uns auf schmerzliche Weise deutlich, dass Kultur kein dekorativer Luxus ist, den man sich nur in guten Zeiten gönnt, sondern dass sie elementarer Bestandteil unseres Zusammenlebens und unseres Menschseins ist. Auf sie verzichten zu müssen, ist ein großer Verlust an Lebensqualität, Inspiration und Kontemplation. Aber in der jetzigen Situation ist völlig klar: Die Gesundheit geht vor.

Genau nach diesem Fazit richtet sich mit genauen Vorsichtsmaßnahmen die Osteopathin Pascale Dauster in ihrer Offenbacher Praxis. In regelmäßigen Abständen bietet sie Künstler*innen die großen Stand-und Wandflächen ihrer Praxis an, um Skulpturen und Bilder zu zeigen. Sie gibt der Kulturszene die Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen.“ Wenigstens die Patienten sollen momentan die Kunst sehen können!“ Den Künstler*innen wird damit eine Chance gegeben!

Damit ist sie glücklicherweise nicht allein, auch an anderen Orten nehmen sich Kanzleien und Praxen dieses Methode an, um sich für ein Kunstprojekt einzusetzen.

Momentan schlägt das Herz einer begabten Malerin und Kunsthistorikerin, Maria Dimitriou, in Pascale Dausters Praxis. Als anerkannte Osteopathin kümmert sich die „Kuratorin“ Dauster in ihrer Profession um das Wohl des Menschen. Politisch setzt sie in der schwierigen Zeit von Corona und dem `allgemeinen Untergang des fairen Kunstbetriebes` Zeichen und wandte sich an mich als Vertreterin des Inklusionismus in Kunst und Kultur.

Pascale Dauster hat sich diesem Projekt mit großer Anteilnahme verschrieben. Dank Ihres einfühlsamen und kompetenten Einsatzes steht die Ausstellung auf einer stabilen Grundlage.

Umsichtig und gutgelaunt führt sie durch die Räume an den Bildern vorbei, äußert sich dezent nur bei Rückfragen. Die Betrachter*innen der Bilder Maria Dimitrious werden recht schnell in ihrer Aufmerksamkeit gebannt.

Die Verführungsmacht der weiblichen Portraits, manchmal mit einem Hauch von Androgynität begleitet, steht dem einzigen Männerportrait entgegen. Das kleinformatige Selbstportrait Maria Dimitrious zeigt die berühmte Nervosität einer intellektuellen Denkerin, gibt das Innerste, den Kampf eines wachen Verstandes, die klirrende Einsamkeit einer Künstlerexistenz preis und  umhüllt  zeitgleich mit einer weichen Pinselführung die  zarten Wesenszüge der Frau und Malerin, die mit wachen, offenen Augen dem Weltgeschehen gegenübersteht.

Die Darstellungen der Maria Dimitriou wirken dem Sujet nach eher traditionell. Nun hat Dimitriou das lange Studium der Kunstgeschichte verinnerlicht. Die Leinwände mit den aufgetragenen Acryl- oder Ölfarben erinnern an die Schauplätze der impressionistischen Malerei, als sich die Freilichtmaler vor Ort ihre Staffeleien aufstellten und sich ihrer Themen annahmen. Dennoch sind Dimitrious Bilder ungezwungener; denn wären sie auf klassische Art und Weise dargestellt, würden sie die heutigen, zeitgenössischen Betrachter emotional und intellektuell nicht erreichen. Das zeichnet Dimitrious Werke aus. Die oft großzügig gestalteten Bilder wirken harmonisch, ohne es an Spannung fehlen zu lassen. Vorrangig erlebt man im Duktus des Pinselstrichs die fotorealistische Darstellungsweise, aber durch die geschickte Einarbeitung von Retrospektivischem  mittels Auslassen der Farbe beim Portrait, im Gegenzug zum realistischen Naturschauspiel. Ich denke dabei beispielsweise an das Selbstportrait, in dem sich die Künstlerin hingebungsvoll, gedankenversunken in einer fantasievollen, farbsatten, floralen Natur zeigt. Erkennbar sind bei den Bildern Maria Dimitrious genaue Teilbetrachtungen, sei es bei den Landschaften, den Figuren- oder Menschendarstellungen. Überall wird das Wesen, der Kern, hervorgerufen, sodass man regelrecht die Liebe und die Aufarbeitung, das Können der klassischen Malerei erkennen kann. Nichts wird dem Zufall überlassen. Hier wird zwar genau, jedoch nicht minimalistisch gearbeitet, eine sehr ausgeprägte sinnliche Note kommt zum Vorschein. So verhält es sich beispielsweise bei den figürlichen Darstellungen früherer Werke ( wir sehen das Bild der jungen Frau mit gelbem Kleid – Katja). Die schöne, junge Frau scheint an dem Betrachter vorbeizuschauen und richtet ihren Blick neugierig, aber ruhig, die Hände selbstbewusst in die Hüften gestellt, auf einen Punkt, der hinter dem Betrachter liegt. Wo befindet sich diese Frau? Die Gesichter der Personen im Hintergrund sind nicht erkennbar, dennoch sind ihre einander zugewandten Körper und ruhigen Stellungen ein Zeichen, ein Hinweis von unmittelbarem Kontakt zueinander, hinterlassen eine angenehme Atmosphäre, in der sich die Schöne im Vordergrund wohlzufühlen scheint. Selbst ihr Kleid und Inkarnat der Haut heben sich farblich ab und bringen Wohlbefinden zum Ausdruck, gestatten ihr einen verheißungsvollen Blick Richtung Betrachter und noch an diesem vorbei, so dass er eine Geschichte um diese weibliche Figur vermuten und frei assoziieren kann. Durch die perspektivische Überlagerung hintereinander befindlicher Figuren scheint auch eine Verbundenheit mit gleichzeitiger Isolation des Individuums stattzufinden. Diese oftmals auftauchende Blickführung der Dargestellten erweckt beim Betrachter den Eindruck, als sei er mitten im Geschehen, als fühle er sich selbst direkt angesprochen. Mit der bildlichen Darstellung der Hirtin zeigt die Künstlerin ebenso eine präzise Stimmungswiedergabe; das große Format des Bildes, die Weite der Naturlandschaft mit der prätentiös dargestellten Schafherde begleiten den Betrachter mitten ins Geschehen, in dem sich die schöne, blonde, junge Frau mit vom Wind umwehtem Haar vollkommen frei und natürlich, in Jeans und Kapuzenjacke, ausgestattet mit einer um den Hals gehängten Kleinkamera, zeigt. Die Dargestellte ist dem Betrachter wieder zugewandt. Diesmal geht der Blick haarscharf am Betrachter vorbei. Und wieder bleibt die Assoziation freigestellt. Ist die junge Schöne allein als Touristin in weiter Flur? Handelt es sich um eine moderne Hirtin, die anstelle der Kamera eine Pfeife um den Hals trägt? Verlockend stellt Dimitriou die moderne Darstellung des klassischen Sujets „Schäferszene“, die in vielerlei Varianten existiert, aus der Kunstgeschichte einem Rätsel gegenüber, bei dem die Gedanken und Eindrücke des Betrachters freigestellt sind. Biografisch gesehen eröffnet das Bild die Darstellung der jungen Geliebten und Partnerin der Künstlerin. Metaphorisch wählt Maria Dimitriou den Titel „die Hirtin“ und verweist somit auf das engverbundene Verhältnis des Paares. So ist die Hirtin die Beschützende, die Umsorgende und Versorgende, die Leitende, die Kraft Gebende, Liebende und Geliebte. Ein weiteres, aber klein gehaltenes Portrait des Bruders der Künstlerin befindet sich ebenfalls in der Ausstellung und zeigt mit weichem Pinselstrich die liebevollen Gesichtszüge des jungen, Esprit ausstrahlenden Mannes, der seine Augen hinter Sonnengläsern gelassen verbirgt und somit vermehrt die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Weitere Genres, die Dimitriou beispielsweise in Stadtansichten verwendet, zeugen von präziser Stimmungswiedergabe, sie lassen mit ihren charakteristischen Farben und architektonischen Strukturen Metropole erkennen. Dennoch kann man keine genauen Standorte ausmachen, teilweise keine definitiven Perspektiven erkennen. Wie die Freilichtmaler des Impressionismus setzt Maria Dimitriou sich mit ihrer eigenen Farbauffassung frei auseinander. Fast surrealistisch wirken einige Landschaftsbilder (großes Waldbild in Grün/` I passed by`) der Farbgebung und der verwaschenen Pinselführung wegen. Das Licht spielt dabei immer wieder eine große Rolle. Die starken Farbkontraste und impulsiven Farbflächen dieser Darstellungen stehen ebenfalls in der Tradition der späten Impressionisten. Und trotz dieser Wildheit ist eine Harmonie zu erkennen, ein Rhythmus, eine formale Grundlage in allem, in jedem Bild und Blickwinkel der Künstlerin, die mit ihrem Können als Malerin und zusätzlich Kunsthistorikerin sicherlich noch viele Gemüter im Positiven regen wird. Vielleicht ist es Sehnsucht nach Glück?

Die genaue Abstimmung in Maria Dimitrious Bildern ist prägend, das feinfühlig dargestellte Arrangement des Dargestellten, das Licht, das durch die Perspektive strömt, mit dem Wärme vernommen wird.Welches wohlige Gefühl durchströmt einen Menschen, wenn er all dies in der Ergänzung erlebt? Welche angenehme Wärme durchflutet somit Körper und Geist? Genau dieses Erleben wird von Maria Dimitriou so wunderbar dargestellt, dass ich mir wünsche, dass diese sinnliche Malerei uns noch lange erhalten bleibt.